Hinter interkultureller Kompetenz steckt für mich weit mehr als die Vorbereitung auf einen Auslandsaufenthalt. Sei es bei einem Schulwechsel, beim ersten Besuch bei den Schwiegereltern, bei einem Jobwechsel, bei der Rolle als Führungskraft oder in der sich rapide verändernden Arbeitswelt – viele der Fähigkeiten, Haltungen und Einstellungen, die im interkulturellen Dialog nützlich sind, erweisen sich auch ganz allgemein in ungewohnten Situationen und bei Veränderungsprozessen im Leben als hilfreich. Wie können wir den Herausforderungen von Komplexität und Unsicherheit begegnen?
Das SINUS-Institut hat 2019 zusammen mit der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung untersucht, welche Kompetenzen aus der Sicht von Jugendlichen in Zukunft wichtig sind, um im Beruf erfolgreich zu sein (siehe 25Next-Studie). Sie haben sechs relevante Zukunftskompetenzen identifiziert. Auf Englisch formuliert beginnen diese sechs Kompetenz-Cluster praktischerweise alle mit einem C: Communication – Collaboration – Creativity – Critical Thinking – Coolness – Charisma.
Ich halte dieses Kompetenzmodell für sehr nachvollziehbar und griffig. Daher richte ich auch meine Trainingskonzeption, meine Methodik und meine Lehre an diesen sechs Cs aus. Was für mich im Einzelnen darunter fällt, fasse ich hier in aller Kürze zusammen:
- Communication – Eigenes Denken anderen mitteilen können. Den Kontakt zu unseren Mitmenschen aufnehmen und in Kontakt bleiben und dabei auch in verschiedenen oder wechselnden Kontexten angemessen und effizient handeln. Interkulturell gesehen spielen sowohl die verbale als auch nonverbale Ebene eine nicht zu unterschätzende Rolle.
- Collaboration – Mit anderen zusammen denken können. Wir sollten uns in andere hineinversetzen können und für andere Ideen aufgeschlossen sein. Im Konfliktfall sollten wir uns bemühen, mögliche Synergien zu sehen und Kompromisse zu finden. Es geht vor allem auch darum, Rücksicht zu nehmen aber auch Verantwortung zu übernehmen. Nicht selten ist zum Beispiel das gute Zuhören wichtiger als zunächst gedacht.
- Creativity – Neues denken können. Aus meiner Sicht ist die Bereitschaft zum oder gar die Lust am Lernen die essentielle Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit. Nicht alle vorhandenen Modelle passen für die eigene Lebenswelt. Es hilft, neugierig und offen zu bleiben, sich an neue Umstände flexibel anzupassen, gewonnene Erkenntnisse und Updates zu neuen Lösungen beizutragen.
- Critical Thinking – Selbst denken können. Hier gilt es sich, immer wieder bewusst zu machen, wie die eigene Wahrnehmung gefiltert ist und unsere Prägungen und Privilegien zu hinterfragen. Aber auch Informationen zu filtern, positive und negative Aspekte abzuwägen und die Passung von Konzepten für den eigenen Kontext zu diskutieren. Nicht zuletzt auch die Tragweite unseres Handelns im Blick zu haben.
- Coolness – In stressigen Situationen locker bleiben. Dazu zählen für mich einerseits Geduld, Geduld, Geduld haben und einen kühlen Kopf bewahren. Andererseits geht es aber auch darum, dran zu bleiben und nicht vorschnell aufzugeben. Bei aller Geduld, dürfen wir dennoch nicht vergessen auf uns selbst zu achten und unsere eigenen Grenzen zu kennen.
- Charisma – eine positive Grundhaltung ausstrahlen. Andere begeistern können. Last but not least geht es darum, dass wir unsere Anliegen und Ideen ein- und rüberbringen können.
Wie erlernt man das alles nun? Ich glaube daran, dass es miteinander und voneinander und kontinuierlich am besten klappt und am meisten Spaß bringt. Und dass es Zeit und Muße erfordert.